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Hilfe, Zeit für mich!



Einer der sehnlichsten Wünsche einer Mutter ist: Zeit für sich zu haben. Mal kein ständiges „Mamaaaaaa“, mal keine Dauer-Bespaßungs-Maschine eines Kleinkindes, mal kein Sonder-Einsatz-Kommando für plötzliche eruptive Gefühlsausbrüche jeglicher Couleur sein. Einfach mal in Ruhe duschen. In Ruhe Zeitung lesen. In Ruhe Schlafen. Überhaupt: Ruhe.


Und dann so was: Unser Sohn hat das Glück, drei Omas zu haben. Jedenfalls schlägt Oma Nummer drei eines Tages ganz spontan vor, mit Sohnemann eine Pyjama-Party zu machen. Bei ihr. Es ist nun nicht so, dass ich noch nie getrennt war von meinem Sohn, ich war schon öfter von zu Hause weg, und er wurde derweil von einer der Omas liebevoll betreut und betüddelt. Aber dafür gab es eben immer einen Anlass. Mama musste weg, auch Papa nicht da, beide haben eben Termine. Aber dass Sohnemann, einfach so, ohne Anlass, woanders übernachtet, ist eine völlig neue Situation. Ich bin komischerweise völlig hin und her gerissen. Einerseits schreit es laut in mir „JA! Unbedingt!“, und ich male mir schon vor meinem inneren Auge aus, was ich alles Cooles machen würde können. Andererseits schreit es laut in mir „NEIN! Mein Kind! Ich will nicht!“. Was völlig absurd ist, denn ich weiß, dass mein Sohn tierisch Spaß haben würde. Und Oma Nummer drei auch.

Ich sage also zu. Warum nicht, spricht ja nichts dagegen. Und die leuchtenden Augen und das breite Grinsen meines Sohnes, nachdem er gefragt wurde, ob er denn Lust auf Pyjama-Party bei Oma Nummer drei habe, sagen auch alles. Ja, er hat Lust. Und wie! Schon im Aufzug, als er mit Oma drei nach unten fährt, höre ich ihn ausgelassen kichern. Nein, er würde mich nicht vermissen.


Und da stehe ich nun. Als Teenager freute man sich ja, wenn die Eltern außer Haus waren. Sturmfrei! Machen, was ich will! Und jetzt, als Eltern, freut man sich, wenn das Kind mal außer Haus ist. Sturmfrei! Machen, was ich will! Und das sogar über Nacht!


Aber: Oh mein Gott, was mache ich nun mit der ganzen vielen freien Zeit? Ich schaue auf die Uhr. 16:30 Uhr. Normalerweise wäre das die Zeit, mit meinem Sohn zu spielen. Dabei hasse ich Spielen. Es wäre die Zeit, in der ich mich langsam davon stehlen würde, um Abendessen vorzubereiten. Immer unterbrochen von den vielen „Mamaaaas“. Ich setze mich erst mal auf die Couch. Und mache: Nichts. Alles so ruhig. Ich könnte mich jetzt auch einfach aufhübschen und ausgehen. Feiern. Saufen. Tanzen. Unvernünftigen Blödsinn machen. Im Morgengrauen ins Bett fallen. So wie früher manchmal. Aber die Aussicht, einfach zu Hause abzuhängen, Film gucken, TV glotzen, lesen, in den Himmel gucken, macht mich viel mehr an. Und erst die Aussicht aufs Schlafen. Herrlich. Das kleine Glück einer Mutter.


Da auch mein Mann ausser Haus ist, bin ich komplett alleine. Mit Hund. Ich bereite mir also mit viel Muße mein Abendessen zu. Und esse es ganz ruhig und allein. Ich muss mich nur um mich kümmern. Kein Essen-Hinein-Katapultieren in eine widerwillige Futterluke eines noch widerwilligeren Dreijährigen. Und dabei hin und wieder ohne viel Beachtung eine Gabel voll in sich selbst versenken. Jetzt also: Nur ich. Ich schaue auf die Uhr. 18:30 Uhr. Normalerweise die Zeit, wo das Bett-Bring-Theater anfängt. Dieses Gefühl, dass du die Stunden zählst, bis dein Kind endlich im Bett ist und du aufzählst, welche nervenaufreibenden Steps bis dahin noch zu bewältigen sind. Mit stundenlangem guten Zureden, endlich ins Bad zu kommen und in die Wanne zu steigen, dabei die ganze Klaviatur der Erpress- und Manipulier-Werkzeuge („Komm, wir machen fliegenden Teppich ins Bad“ oder „Ich zähl bis drei, sonst keine Gute-Nacht-Geschichte“ etc.) einsetzen, selbige wieder einsetzen, um das Kind, was ewig nicht in die Wanne wollte, dann wieder aus der Wanne heraus zu kriegen, aus der es plötzlich nicht mehr raus will. (Väter machen das übrigens gerne mal mit einem großen Becher kalten Wasser. Was nicht unbedingt dazu beiträgt, dass das Kind gerne mit Papa sein Abendprogramm gestaltet und umso mehr an Mamas Rockzipfel hängt. Schönen Dank auch, liebe Väter.) Gute-Nacht-Geschichte, Kuscheln, Nein- du-musst-keine-Angst-haben-Beschwichtigungen und Ja-ich-lasse-die-Tür- noch-auf-Verhandlungen.


Als Teenager freute man sich ja, wenn die Eltern außer Haus waren. Sturmfrei! Machen, was ich will! Und jetzt, als Eltern, freut man sich, wenn das Kind mal außer Haus ist. Sturmfrei! Machen, was ich will!


Ich traue mich gar nicht zu genießen. Ich habe es irgendwie verlernt, nur mit mir selbst zu sein. Klar, wenn ich tagsüber arbeite, bin ich ja auch ohne Kind. Aber dieser Alltag und diese Routinen zu Hause, die sind so eingespielt, ich weiß gar nicht mehr wie das geht, so ohne Nachwuchs.


Sie sind jetzt drei Stunden weg. Ich starre ständig auf mein iPhone und bin schon ganz unruhig, dass ich noch keine Nachricht und kein Bild von der Pyjama-Party geschickt bekommen habe. Ich bin echt bescheuert, denke ich, statt die kinderfreie Zeit zu nutzen, verdaddele ich meine Zeit und warte auf eine Message von meinem Kind. Uns Müttern kann man ́s aber auch nicht recht machen. Dann endlich: Eine Nachricht. Ein kurzes Video von meinem kichernden Sohn in Omas Bett. Ja, er hat viel Spaß. Er genießt es. Und mein Herz schmilzt.


Ich bin erst seit drei Stunden von ihm getrennt. Und morgen Abend, wenn er wieder da ist, werde ich es wieder leise verfluchen, keine Zeit für mich, aber dafür den Zwerg am Rockzipfel hängen zu haben.


Aber jetzt, genau in dem Moment, vermisse ich ihn so sehr. Ich wünschte, er wäre hier. Ich möchte ihm seinen Gute-Nacht-Kuss geben. Ich will seine weichen kleinen Ärmchen um meinen Hals geschlungen spüren. Ich will ihn knuddeln. Genau jetzt will ich gar keine Zeit für mich haben.



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