BRAUCHT MAN KINDER UM GLÜCKLICH ZU SEIN?
- henriettefraedrich
- 18. Apr. 2014
- 5 Min. Lesezeit
Im Magazin "stern" (16/2014) wurde als Titelthema ein gesellschaftliches Tabu besprochen: Braucht man Kinder, um glücklich zu sein? Als Titel-Bild ein schreiendes Blag.
Die Sache mit dem Kinderkriegen und Muttersein birgt viele Themen, bei denen mir emotional oft die Hutschnur hochgehen könnte. Aber ich denke auch ganz oft: Meine Güte, warum machen wir heute nur ständig so ein Geschiss um das Ganze? Bei allem geht es nur noch darum, sich selbst zu verwirklichen. Nichts können wir einfach nur so machen, weil man es eben schon seit Jahrhundertmillionentrilliardenschraden Jahren schon so macht, aus ganz simplen biologischen und evolutionären Gründen: Essen, Trinken, Schlafen, Schnackseln, Nachwuchs machen. Darum geht´s im Tierreich. Und bei uns doch eigentlich auch.
Und was machen wir? Grübeln. Zweifeln. Hinterfragen alles. Passt das in meinen Lebensplan? Passt das zu meinem Ego? Man überlege sich mal, Affe, Katze, Hund, Maus, Löwe und Zitteraal hätten auch ´nen Lebensplan!
Und was machen wir? Grübeln. Zweifeln. Hinterfragen alles. Passt das in meinen Lebensplan? Passt das zu meinem Ego? Man überlege sich mal, Affe, Katze, Hund, Maus, Löwe und Zitteraal hätten auch ´nen Lebensplan! Was wäre denn da bitteschön los im Tierreich?! Wir jammern und lamentieren und machen alles so unendlich kompliziert. Was wir essen wird uns heute nicht nur mit immer neuen wissenschaftlichen und ernährungsphysiologischen Hintergründen versaut, sondern auch noch mit viel zu viel bitterem Ideologie-Salz versalzen, das uns ständig ungefragt in unser Essen gekippt wird. Und einfach nur Sex haben kann man heute auch nicht mehr. Wir müssen multiple Orgasmen haben, uns mit Latex verkleiden, dürfen nicht langweilig im Bett einfach nur missionieren. Ach, und treu sein ist ja sowas von out, wenn man sich die vielen ganzseitigen Hochglanz-Anzeigen (in seriösen Print-Magazinen!) für Seitensprungportale wie c-date und Co so anschaut, ganz undezent platziert zwischen Artikeln über den Syrien-Konflikt und Jack-Wolfskin-Werbung. Ich bin ja nicht naiv und auch keine frigide Kirchen-Uschi, natürlich weiß ich, wie der Hase läuft, aber ich muss zugeben, als ich das erste mal im stern eine dieser Anzeigen sah, bin ich fast vom Stuhl gekippt. Als wäre es das normalste auf der Welt, wird da mit "Triff heiße Affären, ganz diskret" geworben. Mitten in einem seriösen Nachrichten-Magazin. Mann, Mann, Mann. Prinzessin, wach auf, denke ich mir. Aber was erwarte ich auch. So ´ne schicke heiße Affäre ist heute en vogue, und alles im Namen der eigenen sexuellen Selbstverwirklichung, natürlich. Da will man nicht im Wege stehen.
Huch. Ich schweife ab. Ich wollte ja über die Sache mit dem Kinderkriegen schreiben. Natürlich ist die Frage berechtigt, ob man Kinder haben will oder nicht. Und ich sehe auch, dass kinderlose Männer nie darauf angesprochen werden, aber Frauen Mitte, Ende dreißig, die noch keinen Buggy vor sich herschieben, schief angeguckt werden. Es ist tatsächlich so, dass sich jeder, der keine Kinder haben will und keine hat, irgendwie verteidigen muss.
Warum habe ich ein Kind? Ganz ehrlich? Ich habe nie darüber nachgedacht so großartig. Ich habe es nie hinterfragt. Für mich war nur klar, das gehört halt dazu. Basta.
Warum habe ich ein Kind? Ganz ehrlich? Ich habe nie darüber nachgedacht so großartig. Ich habe es nie hinterfragt. Für mich war nur klar, das gehört halt dazu. Basta. Und da alles halbwegs passte in meinem Leben, mit meinem Mann und unserer beruflichen Situation, wunderbar, dann machen wir ein Baby. Auf das wir uns auch volle Lotte gefreut haben - und uns auch immer noch jeden Moment an ihm erfreuen (wobei, ganz ehrlich, heute morgen, Bockphase, grundloses Schreien, ähm, da war es weniger erfreulich.). Aber auch das ist es: Ja, Kinder sind nicht ohne. Aber deshalb hinterfrage ich das doch nicht ständig. Ist halt so. Trotzdem zweifle ich nicht, und grübele, ob mich mein Kind nun in mir selbst einschränkt. Kind ist da, und das ist gut so, und wir gehen jetzt durch alle Phasen, die man mit einem Kind eben so durchgeht, durch Hochs und Tiefs, durch Stress, durch Ängste, durch Sorgen, durch Lachen und Weinen, wie es Billionen Eltern auf dieser Welt schon seit Billionen von Jahren auch gemacht haben. Was ist denn schon dabei? That´s fucking life! Alles, was wir mit einem Kind durchleben, ist LEBEN. Ist alles ganz normal. Ich glaube, wenn wir uns das immer wieder vor Augen führen und nicht immer alles in die Lebensplan-Ego-Waagschale werfen, ist die Sache mit dem Nachwuchs, und wie wir mit ihm umgehen, klar wie Kloßbrühe.
Ich hätte auch alles hinterfragen können. Und ich hätte tausende Gründe gefunden, warum ein Kind gerade nicht passt, oder später nicht passt oder warum es nicht in unser Leben passt und und und. Ich habe mich auch nie gefragt, ob ich als Mutter gut wäre. Wird schon irgendwie werden. Und ich bin eine ganz normale Mutter. An manchen Tagen bin ich eine Super-Mutter. An manchen Tagen eine "Raben"-Mutter. Ich kann meinen Sohn mit Quatschmachen und Liebe überschütten und kriege gar nicht genug von ihm, aber ich kann auch genauso gut rumschreien und auf den Tisch hauen und schrecklich genervt sein. Und beides tue ich, beides bin ich. Der ganz normale Wahnsinn halt. Der ganz normale Alltag halt. Der ganz alltägliche Wahnsinn.
Ich finde, jeder soll das machen, was er für richtig hält. Und wir sollten jedem das Recht lassen, genau sein Ding zu machen. Ohne uns mit erhobenem Zeigefinger und moralischer Keule in das Leben der anderen einzumischen. Ob mit Kind oder ohne, ob gewollt kinderlos oder gewollt mit Kind, ob ungewollt kinderlos oder ungewollt mit Kind - jeder muss, darf und soll seinen Weg finden.
Das einzige, worüber ich mich dann doch aufrege, ist die perfide Fragestellung, die dieser ganzen Diskussion zu Grunde liegt: Braucht man Kinder zum Glücklichsein?
Aber wieso um alles in der Welt sollen Kinder uns glücklich machen? Ist das nicht ein furchtbarer Anspruch an die Kinder - nach dem Motto: "Los, mein zweieinhalbjähriger Jeremy-Pascal, de Muddi is unglücklich, jetzt mach mich gefälligst glücklich!" Das ist doch absurd. Wie soll der das denn machen? Die meisten von uns wissen ja meistens selbst nicht mal, was sie eigentlich glücklich macht. Und das ist das Problem. Das ist wieder so typisch für unsere Jammerlappen-Kultur: Alles wird zum Glücklichwerden instrumentalisiert. Immer müssen es die anderen richten. Jetzt machen wir sogar schon vor unseren eigenen Kindern nicht mehr halt und bürden ihnen eine dermaßen große Last auf, die sie gar nicht bewältigen können.
Kinder sind nicht dazu da, glücklich zu machen.
Wir vergessen immer wieder: Der einzige, der uns glücklich machen kann, sind wir selbst. Wir müssen selbst Verantwortung für unser Glück und unser Leben übernehmen. Niemand sonst kann das. Nicht der Partner, nicht der Job, und schon gar nicht ein Kind. Wir benutzen unser Kind, wenn es nur dazu da ist, auf anderen Gebieten fehlende Selbstverwirklichung zu kompensieren oder eine Ehe zu retten. Ganz krass gesprochen: Wer denkt, er brauche ein Kind, um selbst endlich glücklich oder vollkommen zu werden, das ist wie ein Kind zu bekommen als Organ-Ersatzteil-Lager wenn´s später mal bei uns rappelt im Organ-Gebälk.
Die ganze Chose lässt sich auf die simple Formel minimieren:
Wer ohne Kinder nicht glücklich ist, wird mit Kind auch nicht glücklich. Und wer ohne Kind glücklich ist, wird auch mit Kind glücklich sein. So einfach ist das. Kinder sind nicht dazu da, glücklich zu machen. Kinder sind, ganz unromantisch gesprochen, evolutionsbiologische Aufgabe an uns. Fortbestand der Menschheit und so. Also, Ärmel hochkrempeln, ab inne Kiste, Kinder machen!
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