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KINDER WIE DIE ZEIT VERGEHT

  • henriettefraedrich
  • 4. Okt. 2014
  • 5 Min. Lesezeit

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Der Vorteil von digitaler Fotografie ist ja, vor allem in Verbindung mit Smartphones und/oder Tablets, dass man seine Bilder immer und ständig und überall dabei hat. Und nur, wenn das technische Mobilendgerät irgendwann mal meckert, dass der Speicher voll ist, zieht man die vielen Lebensmomentaufnahmen auf den Rechner oder andere Speichermedien. Das hat zur Folge, dass man doch recht häufig in den digitalen Alben blättert. Und das hat wiederum zur Folge, dass man sich ständig vor Augen hält, wie die Zeit vergeht.


Mein Kleiner wird demnächst drei Jahre alt. Er ist kein Baby mehr, schon lange nicht mehr, sondern er ist jetzt ein richtiger kleiner Junge. Das Alter jetzt liebe ich besonders (wobei, das sagt man wahrscheinlich über jede Altersphase), weil er einerseits immer noch so herrlich knubbelig-knuddelig ist, wie das nur Kleinkinder sein können, andererseits aber auch schon so groß, er kann sich ausdrücken, kann sagen, was er will, macht Witze und Scherze, dass es einfach zum Beömmeln ist, mit ihm Zeit zu verbringen. Ich weiß nicht, wie oft ich am Tag staune und mich amüsiere, über das, was er gerade tut, und das, was er gerade sagt.


Vielleicht werde ich melancholisch, weil die Zeit so schnell vergeht.


Und wenn ich mir dann seine Baby-Fotos oder Baby-Videos auf meinem Apfel-Gerät anschaue, überkommt mich jedes Mal eine unbeschreibliche Melancholie. Ich kann es kaum in Worte fassen, aber vielleicht kennen dieses Gefühl andere Mütter oder Väter ja auch? Mal davon abgesehen, dass es auch irgendwie witzig ist, zu sehen, wie groß er geworden ist und dass es toll ist, zu sehen, was er jetzt schon alles kann, und wie lustig das damals war, als er noch ein Baby war, aber mal davon abgesehen habe ich sofort einen Kloß im Hals, wenn ich das sehe. Ich könnte heulen, und ich weiß nicht, warum. Vielleicht werde ich melancholisch, weil die Zeit so schnell vergeht, feststellend, dass die Zeit mir durch die Hände rinnt. Und ich nichts dagegen machen kann. Und will ich ja eigentlich auch nicht. Ist ja toll, dass er wächst und groß wird. Und wäre ja ein Quatsch, das anhalten zu wollen. Aber vielleicht bekomme ich auch Panik, diese besondere Baby-Zeit mit ihm vielleicht doch nicht genügend ausgekostet zu haben. Ich kann mir dieses irgendwie grundlos-traurig-Gefühl gar nicht erklären. Es ist nur da.


Und wenn ich schlaksige Teenie-Jungs sehe, dann muss ich mich selbst ermahnen, die nicht so dolle anzustarren. Ich starre die nämlich immer völlig unverfroren an, weil ich fieberhaft versuche, mir vorzustellen, so einen Lulatsch irgendwann mal meinen Sohn zu nennen. Es fällt mir echt schwer. Mein Sohn und ein junger Mann? Ich kichere bei dem Gedanken. Aber wie bei allem: Die Zeit wird ihr Werk schon verrichten und sorgt dafür, dass wir uns langsam aber sicher daran gewöhnen werden. Mit jedem Jahr, dass der Kleine älter wird. Schon nett von der Zeit, dass sie uns Zeit gibt, uns schleichend daran zu gewöhnen, und dass Kinder nicht von heute auf morgen erwachsen werden, sondern Stück für Stück.


Generell ist dieses Zeit-Ding ja komisch. Es gab mal eine Zeit, da heirateten alle um mich rum und bekamen Kinder. Demnächst wird die Zeit beginnen, in der sich die ersten Ehe-Paare aus der Clique scheiden lassen. Es gab mal eine Zeit, da wurde man jedes Wochenende zu irgendeinem Dreißigsten eingeladen. Nicht mehr lange, und überall feiert man allerortens die Vierzig.


Es ist ulkig, dass meine kleine Schwester - uns trennen immerhin 8 Jahre - plötzlich zu 30sten-Geburtstagen geht. Mann, das ist meine kleine Schwester, die ich jahrelang vom Kindergarten abgeholt habe. Was macht die auf bitteschön auf 30er-Parties? Ich kann und will es irgendwie nicht wahr haben.


Und dass bei meinem nächsten runden Geburtstag, ich schwöre, bis dahin ist noch gaaaaaaanz lange, eine 4 davor stehen wird, halte ich für einen Irrtum des Universums. Ich bin doch gerade mal aus dem Pickel-Alter raus.


Was macht meine kleine Schwester bitteschön auf 30er-Parties?


Komisch ist auch das Gefühl, wenn ich mit Hund durch den Kölner Grüngürtel spaziere, der auf der Höhe der Zülpicher Straße ein großes Uni-Areal kreuzt. Rechts Uni-Gebäude, links Mensa. Da läuft man dann schon mal während der Semester-Zeit hunderten Studenten über den Weg. Ich schappe ihre Gesprächsfetzen auf, ich mustere sie alle heimlich. Und auch hier ein völlig ambivalentes Gefühl: Einerseits fühle ich mich ihnen so nah, heutzutage sehen ja selbst 45jährige Muddis aus wie Studentinnen, andererseits sind sie aber auch so weit weg von mir. Ihre Themen (WGs, Parties, Semester-Arbeiten, Liebeskummer etc) schon lange nicht mehr meine. Aber sie waren es mal. Und mir kommt es vor, als wäre es erst gestern gewesen. Aber, ich rechne nach: Als ich das letzte mal sorglos über einen Uni-Campus gepilgert bin, das ist 13 Jahre her. Und dazwischen ist ziemlich viel passiert.


Ein bißchen packt mich die Sehnsucht nach den Sorgen dieser Studenten. Es ist jetzt nicht so, als wäre mein Leben jetzt ein arg Schweres, nein, es ist alles gut so, wie es ist. Aber so ein bißchen Nostalgie packt einen schon, wenn man merkt, dass man keine zwanzig mehr ist. Gleichzeitig bin ich aber auch froh, dass ich eben keine zwanzig mehr bin. Und genau diese Studenten-Sorgen eben nicht mehr habe. Es ist wie ein Level in einem Computerspiel, dass man erfolgreich absolviert hat, aber nun ist man ein Level drüber. Aber ohne Chance, das erspielte Level nochmal zu spielen.


Ein Freund schickte mir vor ein paar Tagen per SMS ein Bild mit einem vertrockneten Grasring und der Frage „Was ist das?“. Ich konnte mich wirklich nicht erinnern. Ich wusste nur, dass ich mit besagtem Freund mal, vor vielen, vielen Jahren, während Studiums-Zeit, eine kleine Sommer-Romanze hatte. Wir lagen im Park, fühlten uns so jung und frei und unbeschwert. Keine Familien, keine Jobs, nur Studi-Dasein mit allem, was dazu gehört: Party, Knutschen, Feiern, Liebe machen, die eine oder andere bewusstseinserweiternde Substanz. Den Grasring hatte ich ihm damals an einem heißen Sommertag im Park gebastelt und geschenkt. Und er erinnerte mich daran, 14 Jahre später. Ich hatte es total vergessen. Als mir mein Freund von damals dieses Bild schickte, war ich total gerührt, dass er das Ding, welches ca. 13,14 Jahre alt sein musste, überhaupt aufbewahrt und jetzt wieder rausgekramt hatte. Gerührt war ich auch ob dieses Erinnerungs-Flashbacks an diese echt schöne und unbeschwerte Zeit damals. Und die Erkenntnis, dass das Leben so seinen Lauf geht, und wir uns nun in genau den geregelten Bahnen bewegen (Job, Familie etc), die für uns damals so unwirklich schienen. Und schon wieder hatte ich so einen komischen Kloß im Hals, den ich unerklärlich fand. Vielleicht kommt der Kloß auch, weil man jetzt wirklich so richtig erwachsen ist. Und wer will das schon? Ihhh, erwachsen-sein.


Diese Erinnerungs-Flashbacks an vergangene Zeiten.


Don´t look back in anger, heißt es in einem Oasis-Lied. Aber auch wenn man gar nicht wütend ist auf die Vergangenheit, sondern diese schön war, fühlt sich das back-looken komisch an. Eben mit diesem Hals-im-Kloß-Gefühl. Vielleicht weil man in solchen Momenten merkt, wie die Zeit wie Sand zwischen den Fingern verrinnt. Vergänglichkeit ist das Wort, nach dem ich die ganze Zeit über gesucht habe. Ja, es geht vielleicht um die Vergänglichkeit, die einen irgendwie so komisch piekt. Vielleicht soll man ja deshalb im Hier und Jetzt leben.




 
 
 

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