Oans, zwoa, gsuffa - ein Wiesn-Erlebnis-Bericht
- henriettefraedrich
- 22. Sept. 2014
- 11 Min. Lesezeit
Liebes Tagebuch, stell' dir vor, ich war gestern zum ersten Mal auf der Wiesn! (Oder heisst es "den Wiesn"? Mir hat es gestern jemand erklärt, aber ich hab's schon wieder vergessen.) Und was soll ich sagen, es ist gibt doch einige Parallelen zum Kölner Karneval. Wobei das sicher weder die Kölner noch die Münchner gerne hören wollen.
Das fängt schon damit an, dass man, aus dem Zug purzelnd am Hauptbahnhof, nur Menschen in Dirndl und Lederhosn rumlaufen sieht. Als Kölner schockt das einen jetzt nicht so, man ist es durch Karneval gewohnt, dass während der narrischen Zeit 95% der Menschen rund um die Uhr verkleidet sind. Geht man morgens auf die Strasse, trifft man Clowns, Mönche, Donald Ducks, Goofys, Prinzessinnen und und und. In den Geschäften die Kassiererinnen und Verkäuferinnen: Alle verkleidet. Dagegen sind also so ein paar Dirndl und Lederhosen allerortens echt Pippikram. Aber kein Wunder, wenn im Ausland das Klischee gilt, dass die Deutschen immer in Tracht rumlaufen. Wer am Oktoberfest nach München kommt, bekommt natürlich genau dieses Mysterium bestätigt.
Doch zurück zur Wiesn-Tour: Los gings um 10:00 Uhr in der früh, und mein eingefleischter Wiesn-Tourguide versicherte mir, dass es normalerweise viel voller wäre. Es war tatsächlich alles entspannt. So konnten wir gemütlich durch die Zelte schlendern und uns alles anschauen. Inklusive dem berühmten Himmel Bayerns. Ins Schützenzelt haben wir uns durch den Schützeneingang reingeschlichen, und das Schild "Zur Waffen-Abgabe" mit gleichnamiger voll gefüllter Abgabestelle machte mehr als deutlich, wo man ist. Merke: Bloß keinem Schützen doof kommen.

Kleine Tochter, Mami, große Tochter auf der Wiesn.
Dann weiter in die Braurosl, oder war es Bräurösi, ich hab's mir nicht gemerkt, da war die Hütte schon brechend voll. Das traditionelle Gay-Meeting am ersten Wiesn-Sonntag war hier schon in vollem Gange. Kein Wunder also, dass wir zwei feschen Madel da nirgends einen Platz gefunden haben, wir waren halt nicht so zielgruppenaffin.
Dann eben in die Ochsenbraterei, da war es noch recht leer. Ein leeres Oktoberfestzelt, so was gibt's? Ja, gibt's. Dann erst mal 'ne Maß bestellt, ich habe gelernt, dass man es Massssss ausspricht, also mit kurzem A. Bloß nicht mit langem! Und überhaupt sollte man in München nie ein Weizen bestellen. Da schmeisst einen der Wirt hochkant raus.
Und überhaupt sollte man in München nie ein Weizen bestellen.
Um halbwegs durch den Tag zu kommen, haben wir getrickst. Statt Bier pur gab's Radler. Haut aber auch rein, morgens um 10:30 Uhr. Beweis-Foto an den Mann dahoam geschickt, der Kind und Hund hütet. Er nur so: "Das sind 5 Kölsch! Das überlebst du nicht!". Ich so: "Ist doch nur Radler." Er so: "Sind immer noch 2,5 Kölsch." Nun, mein Mann weiß, dass ich nach 6 Kölsch auf den Tischen tanze. Und nach 7 nach Hause will. Das ist übrigens die offizielle Umrechnungstabelle für einen Kölner: 1 Maß = 5 Kölsch. Damit man als Kölner den Überblick behält.

Läuft. Sonntag Morgens um 10:30.
Zum Radler gab's dann noch a zünft'ges Weisswoscht-Frühstück dazu. Dann wurde die Halle, äh, das Zelt, immer voller. Die Kapelle fing an zu spielen, uftatata und täterä. Meine Mama meinte, den Radetzky-Marsch zu erkennen. Aber da war sie irgendwie die einzige. Dann gings weiter. Frühschoppen abgehakt - jetzt naufi auf die Vergnügungsmeile. Die Sonne schien grell und hell, obwohl den ganzen Tag Regen vorhergesagt war. Gut, dass ich Gummistiefel anhatte und wir 4 Schirme dabei hatten. Für eine Sonnenbrille hätten wir alles gegeben. Aber die haben wir zu Hause gelassen. Merke: Don't trust the iPhone-weather-app. Merke 2: Es ist ungeschriebenes Gesetz, dass auf der Wies'n immer schönes Wetter ist. Merke 3: Sonnenbrille einpacken! Schnell Erdbeer-Schoko-Spieß geholt. Obwohl die Weisswoscht den Magen noch ganz gut befüllte. Aber egal, der Tag heute wird ernährungsphysiologisch gesehen nicht mitgerechnet.

Lecker. Schoko-Erdbeer-Spieß.
Dann wurde vorsichtig geäussert, dass man so gerne Kettenkarussell fährt. Und ehe man sich's versieht, sitzt man auch schon in einem. Aber in diesem schrecklichen Teil, was Zrillionen von Metern nach oben fährt, und dann oben seine schrägen Runden zieht. Es war schrecklich. Und die Fahrt für 5 Euro dauerte auch noch schrecklich lange. Ja, eine tolle Aussicht da oben. Hinter mir der Zuruf aus unserer Wiesn-Truppe: "Hey guckt mal, die Alpen!" Und ich nur so: "Scheiss auf die Alpen, ich will runteeeeeeeeeer!" Mein Flehen wurde erhört und wir Weiber, Mama, Schwester und ich, kicherten hysterisch, als wir wieder unten waren. Und waren fix und foxi. Aber wie heißt es immer so schön: Do something that scares you everyday. Gut, damit wäre das dann wohl erledigt.

VOR dem Trip auf dem Horrorkettendingens.


NACH dem Trip mit dem Kettenhorrordingens.
Die Münchner haben sich Kölns Party-Hymne Nummer eins geklaut und zu eigen gemacht!
Der Trachtenumzug bahnte sich derweil den Weg über die Wiesn, und hey, sogar die blauen Funken (und alle Kölner so: Yeah!) marschierten hier in ihrer ganzen Pracht auf. Das wäre doch überhaupt mal eine Idee: Vereins-Austausch! Blaue Funken auf die Wiesn, und Münchner Trachtenvereine auf den Rosenmontags-Zuch. Apropos: Kamelle gab's keine. Apropos 2: Die Münchner haben sich Kölns Party-Hymne Nummer eins geklaut und zu eigen gemacht! In den Zelten grölt man "Da simmer dabei, dat is prima, viva Bavaria." Kann man das als Kölner gut heissen? Nun, wir Kölner sind ja sehr tolerant, trink doch eene mit und so, und da drücken wir bei den Münchner Feierbiestern generös de Kölsche Ooche zu.
Ich hab' Durst und hole mir nen halben Liter Wasser, den ich weg-exe. Überhaupt habe ich mich morgens mit Käsetoast, Kiwi und einem halben Granatapfel in Sachen Grundlage (Vitamine! Anti-Oxidantien!) ganz gut vorbereitet. Mit Schwesterchen am Abend vorher noch schnieke Flechtfrisuren probiert, Inspirationen und Anleitungen aus zig Youtube-Tutorials geholt ("Einfacher Flechtkranz", "Französische Zöpfe für Anfänger") - ja, das gibt es tatsächlich, und diese Clips haben hunderttausende Views, es scheint also ein enormes Bedürfnis nach Frisuren zu geben - aber schnell wieder sein gelassen. Entweder haben wir uns in Sachen Flechten so doof angestellt, oder unsere Haare sind schlicht und ergreifend nicht flecht-fähig. Es sah jedenfalls immer doof aus. Beim nächsten Mal gehen wir zum Profi. Wiesn-MakeUp und Wiesn-Frisur kann man nämlich in München bei jedem Friseur buchen. Dann Promi-Guckn im Käfers. Wir konnten tatsächlich einfach so reinspazieren. Promis aber keine gefunden. Es war aber auch echt dunkel da drin. Chance auf Platz sowieso keine, um die Reservierungsstrategien im Käfers ranken sich ja etliche Mysterien. Dann eben raus in den Käfers-Garten. Bei weiß-blauem Bayern-Himmel und Sonne satt sowieso das Beste. Tisch ergattert. Ganz easy. Wieso schimpfen immer alle, dass das so schwierig sein soll? Nun, vielleicht auch einfach Anfänger-Glück.
Schon lange nichts Gscheiads mehr getrunken, also her mit den Maß! Okay, wieder nur Radler. Aber das geht echt gut. Man ist leicht angeschickert, aber es haut einen nicht so um wie Bier pur. Dazu den obligatorischen Kaiserschmarrn, auf den ich mich schon seit Tagen freue. Ich liebe Kaiserschmarrn. Essen und Trinken kommen übrigens überall rasend schnell an den Tisch, kaum bestellt, schon da. Die Radler-Maß schmeckt schon wieder, und das Prosit der Gemütlichkeit samt dem "Oans, zwoa, drei, Gsuffa" kann ich schon ziemlich überzeugend. Aber kein Wunder, alle 10 Minuten hört man das. Der Kaiserschmarrn schmeckt. Wobei: Der KS aus der Sansibar auf Sylt ist unangefochten. Da kommt keiner ran. Kommt natürlich gut, wenn man das im Käfers laut äussert. Auch mit unserem Sylt-Jutebeutel, in den wir unsere Jacken stopfen, damit man diesen unterm Tisch anbinden kann, so machen das die Wiesn-Profis nämlich, sind wir hier voll im Trend. Hach, es ist so einfach, zur Schickeria dazu zu gehören. Ansonsten, wie überall: Wenn man nett zu de Leud ist, sind die auch nett. Also nix von wegen arrogant und so. Die Leute sind gut drauf und wollen feiern.
Schon lange nichts Gscheiads mehr getrunken, also her mit den Maß!
Dann ereilt mich ein Tief. 5 Stunden Wiesn, eine Grenzerfahrung auf dem Monster-Kettenkarussell, 2 Radler (ich erinnere: das sind 5 Kölsch), Kalorien-Koma und zig Gemütlichkeitsprosits zollen ihren Tribut. Ich könnte jetzt auch nach Hause gehen und bringe das mit etwas mauligen und müden Gesten unmissverständlich zum Ausdruck. Ich hätte das Gefühl gehabt, ein rundum gelungenes Wiesn-Erlebnis gehabt zu haben. Für mich völlig okay. Aber die Rechnung ohne meine kleine Schwester gemacht. Sie dazu nur trocken: "Du enttäuschst mich, nicht schlapp machen!" Immer dieser Partydruck. Ich antworte trotzig, dass ich es eh nicht bis abends aushalten würde. Nun gut. Wir werden sehen. Meine Schwester überredet mich, im Schützenzelt noch wenigstens mal kurz vorbei zu schauen. Wenn wir rein kommen. Weil hier steigt die beste Party. Und meine Schwester muss es wissen. Sie hat 7 Jahre in München gelebt. Ich hoffe, dass die Türen dicht sind. Aber die Bavaria, die gleich neben dem Schützenzelt wacht, will mir unbedingt mein ultimatives Wiesn-Erlebnis ermöglichen - und siehe da, die Türen sind offen. Wir können einfach so reinspazieren. Kein Warten, kein Anstehen. Ein Wunder sei das, bestätigt auch mein Wiesn-erprobter Guide. Zuvor noch schnell die "Oiden" nach Hause geschickt mit den Worten "Mami, das ist jetzt nichts für dich." Sie wäre zwar definitv die erste gewesen, die aufm Tisch getanzt hätte. Aber muss ja nicht sein. Also rein ins Schützenzelt, wo die Stimmung um ca 15:30 schon kocht. Die Band spielt flott auf, GoGo-Tänzerinnen im zünftigen Dirndl tanzen auf der Bühne. Naja, sie schunkeln eher. Und ich denke: Ich will auch Wiesn-GoGo sein und da oben tanzen. Meine Schwester guckt mich nur entgeistert an, als ich ihr davon berichte. Wir stehen im Gang und schauen dem Treiben zu. Eigentlich darf man im Gang nicht stehen. Man bekommt im Gang auch kein Bier, sondern nur am Tisch. Mehrmals kommen Ordner und sagen uns, dass wir bitte weiter gehen sollen. Aber wir nicken nur und sagen "Ja ja!" und bleiben, natürlich, stehen. So wie hunderte anderer auch.
Meine Schwester noch so zu mir: "Also wir müssen uns jetzt schon einen Platz am Tisch ergattern, sonst macht das keinen Sinn hier, und sonst kriegen wir auch nichts zu trinken." Ich so: "Och nö, hab kein Bock auf Stress, hier rumstehen und kurz anschauen ist doch prima, ich will eh nichts mehr trinken. Echt nicht." Und kaum hatte ich das gesagt, stand plötzlich ein fescher Wiesn-Kellner vor uns und fragte uns "Mädels, wollt ihr was trinken?" Und wir ganz verdattert "Äh, ja, klar!" Soviel zum Thema "Ich trink nichts mehr". Der Kellner erklärte uns das verbotene und heimliche Prozedere, er darf den Leuten im Gang nämlich eigentlich nichts bringen. Wir sollten auf ihn warten, und wenn er gleich mit den Maß kommt, sollen wir ihm einfach folgen, er bringt uns rein zu einem Tisch, da können wir dann bezahlen. Das ging alles ganz schnell, und schwupp, standen wir mittendrin, mit 'ner vollen Maß in der Hand. Beim nächst besten Tisch, wo noch zwei Plätze frei waren, fragte meine Schwester ganz frech, ob denn noch Platz wäre für uns. Zuerst musterte man uns etwas skeptisch, darauf meine Schwester ganz schnell "Wir sind auch nur kurz hier und schnell wieder weg!". Und schwupp, hatten wir unseren Platz, direkt neben der Band-Tribüne. Premium. Natürlich blieben wir nicht nur kurz. Wir blieben 4 Stunden und zwei Maß.

Irgendwie haben wir uns zwei Plätze mit Tisch im Schützenzelt ergattert. Und tanzen auf ebendiesem.
Wir tanzten mit unseren uns Asyl gewährenden Tischnachbarn (Fesche Madl und Buam so um die Mitte 20) ausgelassen stundenlang auf der Bank, grölten einen Wiesn-Hit nach dem anderen, schunkelten und prosteten uns zu. Wir kamen mit fast allen am Tisch locker ins Gespräch, und mischten uns sogar in dort ausgefochtene Beziehungsdramen ein und gaben gute Ratschläge. Einer der Jungs fing plötzlich aus dem Nichts an zu fluchen und verließ fluchtartig das Geschehen. Er hatte per Whats-App die falschen Nachrichten an die falschen Frauen geschickt. Merke: Keine Flirt-SMS von der Wiesn mit ein paar Maß intus schicken, wenn man beziehungstechnisch mehrgleisig fährt. Ich dachte, solche dämlichen Missgeschicke gibt's nur in Matthias-Schweighöfer/Elyas M'Dingsda-Komödien, aber wie immer, das echte Leben schreibt doch die schönsten Stories.
Merke: Keine Flirt-SMS von der Wiesn mit ein paar Maß intus schicken, wenn man beziehungstechnisch mehrgleisig fährt.
Schön war auch, einer der Jungs war mit seiner Freundin da, und er hatte auch noch Geburtstag, aber seine Freundin unterhielt sich stundenlang mit einem anderen Kumpel aus der Truppe, der Beziehungsprobleme hatte. Und Frauen lieben es ja, stundenlang über Beziehungsgedöns zu quatschen, zu analysieren, zu intervenieren. Vor allem lieben sie es, Männer in solchen Dingen zu beraten. Da lassen sie selbst auf dem größten Volksfest der Welt, mitten im bierseligsten Getummel, keine Gnade walten. Uns tat nur ihr Freund so leid, der die ganze Zeit bedröppelt daneben stand. Er wollte schon längst mit seiner Süssen gehen und im Bett dahoam gemütlich Geburtstagschnackseln. Aber seine Püppi musste ja seinen Freund Beziehungs-Coachen. Und da hatte sie definitiv Ausdauer. Als ich das so sah, musste ich schmunzeln. Ich erinnerte mich daran, dass auch ich, so mit Anfang Zwanzig, meinem damaligen Freund, ebenfalls auf einem bayrischen Volksfest die Stimmung vermieste, weil ich aus dem Nichts heraus anfangen musste, irgendwelches irrelevantes Beziehungsgedöns klären zu müssen. Wie übrigens zig andere Weiber um mich herum, die in irgendwelchen dunklen Ecken mit ihren Liebsten stritten. Die armen Kerle, die wollen doch einfach nur feiern. Und was machen wir Weiber? Zicken rum. Und auch auf dem Oktoberfest ist das ein Phänomen. Ich meine sagen zu können: Gott sei Dank, aus dem Alter bin ich raus. Ich will jetzt auch nur noch: Feiern.
Die armen Kerle, die wollen doch einfach nur feiern. Und was machen wir Weiber? Zicken rum.
Apropos: Man achtet schon sehr auf die Nummer mit der Position der Schleife. Rechts Schleife: Vergeben. Links: Single. Überall schnappe ich Wortfetzen in den Gesprächen auf, wo es um die Schleife geht. Ein fescher Buam aus der Truppe setzt sich neben mich, wir plaudern, und ja, es geht seinerseits schon ein wenig in Richtung Flirten. De Muddi fühlt sich natürlich geschmeichelt, bin aber auch amüsiert. Ich trinke einen Schluck aus meiner Maß, er sieht meinen Ehering, und er fragt mich geradeaus: "Du bist echt verheiratet?" Es klang ein wenig so, als dürften verheiratete Frauen allein nicht auf die Wiesn gehen. Und ich so: "Jawoll!" Er so: "Aber wo ist dein Mann?" Ich so: "Zu Hause." Er so: "Und du gehts einfach so allein auf die Wiesn, ohne ihn?" Ich so: "Äh klar, warum denn nicht? Darf man das nicht?" Er so: "Willst du eine Affäre haben?" Ich so: "Ähm, nein, ich will einfach nur feiern. Mit meiner Schwester. Tanzen. Spass haben. Das ginge natürlich auch gemeinsam mit meinem Mann, aber ich wollte das mit meiner Schwester einfach allein machen. Man muss ja nicht immer alles zusammen machen, wenn man verheiratet ist." Er ganz verdattert, als wäre das ungeheuerlich. Offensichtlich hat der Buam an seinem Bild von der Ehe noch ein wenig zu arbeiten. Er so: "Aber hast du nie bereut zu heiraten? Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Will man da nicht immer Affären haben?". Okay. Dann gibt de Muddi (glücklich verheiratet, Hund, Kind, das volle Rama-Familienglückspaket eben) dem jungen Mann etwas Lebensberatung. Mit 3,5 Maß intus.
Er so: "Willst du eine Affäre haben?"
Ich versuche ihm zu erklären, dass so eine Familie was ganz tolles ist, das man hütet und bewahrt wie einen Schatz. Und dass man das nicht aufs Spiel setzt für irgend eine Affäre. Das ist es nicht wert. Er schaute nachdenklich. Und vielleicht denkt er ja dran, wenn er irgendwann mal die Richtige trifft. Und dann gings erst mal wieder rauf auf den Tisch. Tanzen. Grölen. Singen. Schunkeln. Dafür waren wir schliesslich hier. Mit einem anderen jungen Mann kam ich auch ins Gespräch und irgendwie kamen wir auf das Thema "Hunde" zu sprechen. Er hätte auch so gerne einen, aber seine Mitbewohnerin nicht. Da ist er bei mir natürlich an die genau richtige Gesprächspartnerin geraten. Ich so: "Mitbewohnerin raus schmeissen! Oder andere Wohnung suchen. Unbedingt Hund holen! Es gibt nichts Schöneres!" Ob die beiden Buam sich am nächsten Morgen noch an unsere Gespräche erinnern werden, ist zu bezweifeln. Aber vielleicht gehe ich ja doch noch als die gute Fee ausm Schützenzelt in die Annalen der Wiesn ein, wenn der eine von ihnen heiratet und keine Affären mehr hat und der andere sich endlich sein Hundebaby holt.
Vielleicht gehe ich ja doch noch als die gute Fee ausm Schützenzelt in die Annalen der Wiesn ein.
Nach 4 durchtanzten Stunden auf wackeligen Holzbänken sind Schwesterchen und ich nur eins: Groggy. Nassgeschwitzt. Aber glücklich. Es ist 19:00 Uhr, wir haben schon 9 Stunden Wiesn-Marathon hinter uns. Das Schützenzelt bebt, hier wird es noch 4 Stunden im Extrem-Feiern weiter gehen, und vielleicht verpassen wir den ultimativen Höhepunkt, aber wir gehen. Wir hätten schon noch Energie gehabt, Beine und Hüften wackeln sowieso von alleine, die Musik und die Stimmung trägt einen. Aber wenn's am schönsten ist, soll man ja bekannntlich gehen. Schnell raus, es ist tatsächlich schon dunkel. Dass ich es so lange aushalte und abends 19:30 nach Hause torkel, hätte ich nie gedacht. Aber wie manchmal so im Leben: Wenn man keinen Plan hat und sich einfach treiben lässt, fügen sich die Dinge. Let it flow. Wir sind dann zum nächsten Pommes-Stand geflowt. Nichts schmeckt besser nach massig Bier als Pommes. Für zu Hause noch die berühmten Grillhendl eingepackt. Und für die Schätze dahoam noch das obligatorische Lebkuchenherz.

Schee wars. Nichts schmeckt besser als Pommes aus der Tüte nach reichlich Alkoholkonsum.
Mit U-Bahn, die gar nicht überfüllt war, ab nach Hause. Raus aus dem Dirndl (für welches ich Komplimente bekommen habe, und das freut mich umso mehr, weil ich es nämlich in Köln gekauft habe und es von der Kölner Designerin Olivia Zirkel aus ihrer eigenen Kollektion "Liev" ist), welch Befreiung, ah, Luft, atmen! Dann Dusche, rein in den Pyjama, und mit Grillhendl ab auf die Couch vor den Tatort. Der kurioserweise der erfolgreichste seit über 20 Jahren war.
Fazit: Ein schöner Tag. (Spielte man eben noch im Schützenzelt) Und danke an meinen Super-Wiesn-Guide Nina! Meinen Wiesn-Einstand hätte ich mir nicht schöner ausmalen können. In diesem Sinne: Prost ihr Säcke! - Prost du Sack! - Danke! - Bitte! P.S. Ich habe Halsschmerzen. Aber das gehört wohl auch zur Wiesn-Souvenir-Ausstattung dazu. Und ich habe Muskelkater in den Beinen. Vom Tanzen.
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