top of page
RSS Feed - Blog abonnieren - keinen Post verpassen

ANGST IM DUNKELN - VOM SCHISSER ZUM BESCHÜTZER

  • henriettefraedrich
  • 27. Sept. 2013
  • 4 Min. Lesezeit

ibt es eigentlich irgendjemanden, der keine Angst im Dunkeln hat? Und wenn ja, wie geht das? Ich weiß nicht warum, aber ich hatte schon immer Angst im Dunkeln. Woher die Angst kommt, kann ich mir nicht erklären, ich weiß nur, dass es schon immer so war. Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, jemals keine Angst gehabt zu haben.


Als kleines Mädchen sah ich buchstäblich Gespenster und Monster im Raum, die sich tagsüber als harmlose rumliegende Klamottenberge entpuppten. Ich überlegte mir stets dreimal, ob ich wirklich aufstehen sollte, um auf Klo zu gehen, zu groß war die Angst, die nackten Füßchen vors Bett zu stellen.


Denn was, wenn doch einer drunter liegt, und dich an den Füßen packt? Lieber hielt ich den Druck auf der Blase so lange aus, bis es hell war, auch wenn ich dann fast geplatzt bin. Ich schlief auch immer mit der Decke bis über den Kopf, und ganz, ganz, ganz wichtig, über beide Ohren gezogen - denn ich befürchtete, dass sonst Hugo und Hulda, die Gespenster von meiner Lieblingskinderplatte "Traumzauberbaum" in mein Zimmer kämen und mir an den Ohren ziehen würden. Die gruseligen Lieder auf den Kinderplatten, die von Gespenstern und Monstern und anderen bösartigen Dingen und Wesen dieser Welt handelten, spulte ich immer hastig und panisch vor. Als würden die Monster aus den Liedern in meine Ohren klettern, wenn ich das Lied anhören würde.


Ich konnte schon als Kind Gruselgeschichten nicht ertragen. Während andere Kinder sich lustvoll im Grusel regelrecht aalten, wollte ich am liebsten nur eins: weg. Ohren zu halten, Augen zu halten. Nichts hören, nichts sehen. Ich hasse es bis heute, mich zu gruseln und kann es partout nicht verstehen, wie man sich freiwillig Grusel- und Horrorschocker anschauen kann. Noch heute schalte ich hastig weg, wenn ich effekthascherische Trailer von irgendwelchen Mystery-Sendungen, die es ja derzeit zuhauf gibt, sehe. Ich will keine Monster und Fratzen und Aliens und Psychopathen auf meiner Hirnleinwand eingebrannt sehen - die dann immer wieder in meinem Kopf in Erscheinung treten, wenn ich nachts durch die dunkle Wohnung tapern muss. Ich weiß, dass es völlig bescheuert ist, und ich weiß, dass das alles nur Masken und Filmblut und Hollywoodscheiß ist. Aber versuch´ das mal dem Schisser in mir zu verklickern! Der will das partout nicht kapieren.


Noch heute schalte ich hastig weg, wenn ich effekthascherische Trailer von irgendwelchen Mystery-Sendungen sehe.


Nachts allein durch einen Wald gehen? Ich würde sterben. Und wenn es nur der urbanisierte Kölner Stadtwald wäre, in dem allenfalls possierliche Eichhörnchen ihr Unwesen treiben, ich würde schreiend vor ihnen weglaufen. Obwohl, wahrscheinlich würde ich vor Schockstarre noch nicht mal schreien können. Selbst mit einem Auto nachts durch eine Waldstraße zu fahren verursacht Panik in mir. Jeden Moment könnte schließlich der böse Wolf aus dem Gebüsch springen, die Zähne fletschen und mich bis ins Mark erschüttern.


Im Sommer bin ich mal mit meiner Mutter auf einem Dorf-Weinfest gewesen, und wir sind in der lauen Sommernacht über einen Feldweg bei Vollmond zurück spaziert. Während sie die ganze Zeit vor Begeisterung juchzte, mit "guck mal wie schön das ist, ist das nicht herrlich" und so, habe ich mir vor Angst und Panik fast in die Hose gemacht. Ich konnte kaum atmen und sah hinter jedem Gebüsch das Grauen, in welcher Form auch immer, auf uns lauern. Ich war regelrecht aggressiv vor Angst und ihre Un-Angst machte mich fast wahnsinnig. Drei Kreuze habe ich gemacht, als wir endlich zu Hause waren.


Oder haben sie mal den Film "Mulholand Drive" von David Lynch gesehen? Der Film ist einfach nur "wirr" ist, ein typischer Lynch halt, aber mit bombastischen audiovisuellen Elementen, die einen ganz kirre machen, und denen man sich einfach nicht entziehen kann. Und da gibt es diese eine Szene, wo sich ein Mann seiner Angst stellt, und er geht eine Mauer entlang, und er hat Angst, dass in jedem Augenblick etwas schreckliches passiert, und diese Szene zieht sich gefühlte Stunden, und auch auf den Zuschauer überträgt sich diese Angst, man hat keine Ahnung, was passieren wird, aber man hat einfach solche Angst, DASS etwas passieren wird. Und dann, wie aus dem Nichts, springt eine komische Fratze hinter der Mauer hervor und erschreckt den Mann fast zu Tode - und ich sage Ihnen, als ich diese Szene zum ersten Mal sah, ich habe mir fast in die Hose gemacht, mein Herz blieb stehen und ich hatte einen Schweißausbruch, so sehr habe ich mich erschreckt. Horror.


Und jetzt habe ich Schisser vor dem Herren einen kleinen Sohn, der vermutlich die selben Ängste haben wird. Und nun kann ich mir einfach nicht mehr erlauben, nachts im Dunkeln Angst zu haben. Ich muss nun stark sein. Beschützen. Gespenster und Monster mutig und tapfer und ganz ohne Angst verjagen. Mein Sohn hat ein kleines Nachtlicht, um das ich ihn echt beneide. Was hätte ich früher für so ein kleines Lichtchen in meinem Zimmer gegeben! Ich war ja schon immer total beruhigt, wenn das Licht vom Flur durch den Türbodenschlitz ein klein wenig in mein Zimmer strahlte und konnte dann viel besser einschlafen.


Nachts allein durch einen Wald gehen? Ich würde sterben.


Und wenn ich nachts mit meinem Kleinen durch die dunkle Wohnung tapere, weil er mal muss oder er Hunger oder Durst hat, dann werde ich cool und gelassen sein müssen. Er darf meine Angst nicht spüren.


Und wenn mein Sohn plötzlich anfängt, mit Anlauf in sein Bett zu hüpfen, dann werde ich ihm erklären, dass da absolut niemals nie einer unter seinem Bett liegt. Und wenn doch, dann hau´ ich dem auf´s Maul. Aber sowas von.


Aber vielleicht kommt mein Sohn ja auch nach seinem Vater. Die Grusel- und Horrorstories können die zwei dann aber auf jeden Fall alleine gucken und lesen. Nicht mit mir. No bloody way.


BÜCHER VON HENRIETTE FRÄDRICH

 
 
 

Comentarios


Follow me >>
  • Facebook Classic
Top Blogartikel
Neueste Blogartikel
Tags
bottom of page