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FUSSBALL, SPIEL DES LEBENS

  • henriettefraedrich
  • 6. Apr. 2013
  • 5 Min. Lesezeit

fußballwunder.png

Wir haben ein Sky-Abo, und wenn man ein Sky-Abo hat, schaut man auch mal gerne Championsleague-Spiele seiner Nicht-Lieblingsmannschaft an. Weil, das Abo muss sich ja lohnen, gell.


Eigentlich Bayern-Fan, lümmelten mein Mann, mein Hund und ich gestern abend auf dem Sofa rum und drückten den gelben Dortmundern die Daumen. Ausgerechnet den Dortmundern, die den Bayern das letzte Jahr so vermiest hatten! Aber in der länderübergreifenden Kategorie der Champions-League sind wir natürlich patriotisch und freuen uns für jede deutsche Mannschaft, die weiter kommt. Wir sehen das ganze als Vorspiel für den heutigen Abend, wo die Bayern ihrerseits ihren Einzug ins fast sicher geglaubte Halbfinale perfekt machen müssen (An dieser Stelle, liebe Bayern, bitte, verbaselt es nicht! 2 Tore Vorsprung sind gar nichts, wie wir gestern gelernt haben!).


Während mein Mann beim 1:1 schon ganz hibbelig und aufgeregt ist, bin ich noch völlig cool. So richtig berührt es mich dann halt doch nicht, schade wäre es, wenn die gelben Streifenhörnchen raus flögen, aber ja mei. Dann, kurz vor Schluss, das 1:2 gegen die Dortmunder, und für mich ist an dieser Stelle der Drops gelutscht. "Naja, det war´s dann wohl, wa, Todesstoß!" raune ich meinem Mann zu, der paralysiert vor dem Fernseher sitzt, und schiebe mir eine handvoll Chips in die Schnute. Schnurps, schnurps, schnurps. Auch der Kommentator unterstreicht die Unmöglichkeit, dass hier auch nur noch irgendwas für die Dortmunder zu holen sei: "Noch 5 Minuten und die Dortmunder müssen 2 Tore schießen." Damit will er letztlich die Zuschauer nur trösten, um ihnen zu verdeutlichen, hey, alles gut, macht euch keine Hoffnung, ist schon okay, das Ding hier ist unmöglich.


Aber wie so oft, und das ist die große Faszination des Fußballsportes, die auch mich als Frau jedes mal aufs neue begeistert und verblüfft, es ist eben niemals nie etwas beim Sport auf dem grünen Rasen mit dem schwarz-weißen Ball und den 22 Männern in Turnhosen unmöglich.


Als das zweite Tor für Malaga fällt, lassen alle gelben Spieler ihre Köpfe hängen, verständlich. Aber einer hält die Fahnenstange hoch, ein Kameraschwenk zeigt Felipe Santana (wenn ich mich richtig erinnere, liebe Fußball-Experten, verzeiht mir, falls ich hier falsch liege) - wie er voller Elan seine Jungs anfeuert, "Los Jungs, kämpfen, weiter, wir können es schaffen!" scheint er ihnen mit ihrer Geste zu vermitteln.


"Es ist eben niemals nie etwas beim Sport auf dem grünen Rasen mit dem schwarz-weißen Ball und den 22 Männern in Turnhosen unmöglich."



Ich sitze immer noch recht gelassen auf dem Sofa, und ahne noch nicht, dass die nächsten 5 Minuten mich in ein kreischendes Etwas verwandeln werden. Noch gehöre ich zu denen, die achselzuckend das Aus der Dortmunder akzeptieren, so, wie viele der Zuschauer auf den Rängen sicher auch. Es ist mir und ihnen sicher nicht übel zu nehmen. Man hat schon viele Wunder erlebt im Fußball, aber DAS hier ist nun wirklich nicht mehr zu schaffen.


Die reguläre Spielzeit ist um, 4 Minuten Nachspielzeit. Und dann, Getummel vor dem Tor, und Zack, haut Marco Reus die Kugel ins Netz. Ich springe auf und kreische, mein Hund ist irritiert. "Neee, das gibt´s doch nicht!" schreien mein Mann und ich, wohlgemerkt Bayernfans, uns gegenseitig an. Und dann, ich glaube, so ging es allen Zuschauern vor dem Fernseher und im Stadion, war der Glaube an das Wunder da.


Mats Hummels wird eingewechselt, man denkt sich, Mensch, was soll das bringen, für die letzten 4 Minuten, aber doch, das bringt was, denn auch er treibt seine Mannschaft mit motivierenden Gesten energisch an. Auch er bringt das Gefühl "Los, Leute, wir werden heute Fußballmärchen wahr werden lassen!" auf den Platz.


Gebannt und fingernägelknabbernd starren mein Mann und ich auf die Glotze. Und dann, das Unfassbare, Unmögliche: Nach einem chaotischen und nicht ganz regelkonformen Rumgeeier vor dem Tor schiebt Felipe Santana den Ball irgendwie ins Netz. 2 Tore in der Nachspielzeit innerhalb weniger Sekunden. Wo gibt´s denn sowas?! "Ahhhh!!!" Kreischalarm, ich kreische mir die Seele aus dem Leib, so sehr bin ich im Sog dieses Fußballwunders. Mein Mann und ich springen auf, der Hund ist völlig verstört und steht zitternd, eben noch tief schlafend und schnarchend, am Rande des Sofas und will das Setting panisch verlassen. Ich muss mich selbst zügeln und zur Raison bringen, unser Sohn schläft schließlich friedlich, aber ich habe große Lust, ihn aufzuwecken und ihm zu zeigen, was Fußball alles kann: Wunder machen. Fassungslos sitzen mein Mann und ich vor der Kiste, wir freuen uns mit den Dortmundern, für die es kein Halten mehr gibt. Und dann, zittern, die letzten 80 Sekunden, jetzt bloß nicht die Nerven verlieren, und das Ding nach Hause fahren.


Wahnsinn, was für ein Spiel! Als der Schlusspfiff kommt, hampele ich wie eine Bekloppte auf dem Sofa herum, presche mit der Hand auf die Sofakissen ein wie ein Berserker und sage meinem mich verdutzt anguckenden Hund allen Ernstes folgenden Satz:


"Klitschko, da siehste´s wieder mal, man muss immer kämpfen im Leben, bis zur letzten verfickten Sekunde!"


Ja, da hat mein Hund wohl wahrlich eine Lektion gelernt. Auch er kämpft immer bis zur letzten Sekunde, er starrt mich am Essenstisch z.B. so lange an, bis ich ihm, nachdem ich ihm bereits mehrfach NEIN gesagt habe, dann doch ein Stückchen Wurst runterschmeiße. Der Hund, der hat´s kapiert und wird sich denken "Mensch, das weiß ich doch schon längst, erzähl mir mal was neues!".


Ja, ich weiß, es ist "nur" Fußball, und natürlich wäre die Welt nicht untergegangen, hätte Dortmund verloren. Aber dieser ganze Spielverlauf und die irre Wendung sind nicht nur ein Beweis dafür, warum Fußball ein so emotionaler und verrückter Sport ist, der alle kirre macht, sondern eben auch für das verrückte Leben an sich.


  • Never give up!

  • Das unmögliche ist nie endgültig unmöglich.

  • Glaub an dich!

  • Du hast es selbst in der Hand.

  • Ja, man braucht auch Dusel. Aber Initiative + Engagement + Motivation + Wille = höhere Chance auf Dusel.

  • Es ist nie zu spät für ein Wunder.

  • 67 Sekunden können entscheidend sein.

  • Fühl dich nie zu sicher - auch wenn du 2 Tore führst, denn auch der Führende muss kämpfen bis zum Schluss.

  • Lass den Kopf nicht hängen, feuer deine Leute an. Anfeuern ist ansteckend und entfacht letzte Reservekräfte.

  • Unterschätze die Kraft der Motivation nicht - es braucht immer 1-2 Leute, die den anderen, die aufgegeben haben, Dampf machen.

  • Versuche alles - auch wenn es gegen die Regeln ist. Vielleicht hat man ja Glück (Siehe Dortmunds Doppelabseits: Man stelle sich mal vor, die Jungs hätten vor dem Tor gar nicht erst versucht, den Ball reinzustochern, mit der Begründung, es hätte sich nicht gelohnt, weil Abseits!).

  • Das Spiel ist erst vorbei wenn der Schiri pfeift. Keine einzige Sekunde früher.

  • Alles ist möglich.


Hach, jetzt wird´s hier aber philosophisch. Und heute Abend: Bayern vor, noch ein Tor!

 
 
 

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